Das liebe Geld und die Kinderwelt

Unser Familienberater Gerhard Spitzer über den kindgerechten Umgang mit Taschengeld und anderen «Entlöhnungen».

Über kindgerechten Umgang mit Geld soll ich schreiben? Gut! Dann darf ich erst mal – ganz unter uns – klarstellen: Wenn man ein Kind vor Entscheidungen stellte, wie zum Beispiel diese hier: «Willst du lieber mehr Geld oder lieber noch eine lustige Kuschelrunde?» – was denken Sie, wofür man dann wohl den Zuschlag erhielte?

Anders gesagt: Liesse man Kindern in «ihrer Welt» die freie Wahl, sie würden augenblicklich und mit Freuden auf unser ganzes schnödes Geld verzichten: «Behaltet euren schnöden Mammon für euch! Ich will Spass!» Das entspräche jedenfalls viel eher ihrer intuitiven Einstellung, welche stets den immateriellen Zuwendungen absoluten Vorzug vor materiellen Gütern gibt. Forscher nennen das Phänomen mentale Grundorientierung.

So weit, so klar?

Erwachsenenwelt

Die profane Welt der Erwachsenen ist allerdings leider weitestgehend auf Geld und Gewinnmaximierung fokussiert. Also beantworte ich gerne jene Frage, die auch der FamilienSPICK-Redaktion immer wieder gestellt wird: «Wie bringe ich meinem Kind bei, richtig mit Geld umzugehen?»

Dazu ist sicherlich ein kurzer Seitenblick hilfreich, wie man mit der Ressource Geld besser nicht zu Werke geht.

Leistungslohn

«Toll, mein Engel!», strahlt Oma Vroni, als sie die glatte Sechser-Zensur für die Rechen-Ufzgi ihres zehnjährigen Enkels Daniel sieht. «Dafür hast du dir aber zwanzig Extra-Fränkli verdient!»

Sicher würden mir zahlreiche Eltern und auch die meisten diensthabenden Grosseltern zustimmen, dass die liebe Vroni mit ihrem Geld-für-Leistung-Vorgehen eher falsch liegt. Aber trotz breiter Zustimmung: Monetäre Belohnung guter Zensuren ist als erzieherische Massnahme auch bei unzähligen Schweizer Familien immer noch bestens eingeführt.

So funktioniert das aber leider nicht, ihr lieben, engagierten Eltern! Denn meistens sind es ein paar Jahre später eben genau diese «Leistungs-Bezahler», die mit einem pubertierenden Jugendlichen zu mir in die heilpädagogische Praxis kommen: «Hilfe, mein Sprössling rührt überhaupt keine Ufzgi mehr an, wenn ich nicht zahle!» Also: Wirklich kein so guter Plan, liebe Vroni!

Achtung! Korruption!

Überraschung: Das Unwort «Korruption» ist nicht bloss für die Erwachsenenwelt reserviert. Es passiert leider auch den allerjüngsten Leutchen, sobald man damit angefangen hat, sie nicht allein mit elterlichem Charme, sondern mit Geld zu bestechen. Ernüchternd: Kinder werden sogar noch viel schneller korrumpiert als Erwachsene.

Diese Erkenntnis führt uns zur eingangs erwähnten Grundorientierung von Kindern: Sie wollen für das, was sie gut gemacht haben, lieber gesehen, beachtet und gern gehabt, aber keinesfalls entlöhnt werden. Die jeweils gelungene Tätigkeit selbst ist die Belohnung! Wenn sie für vieles bloss Geld bekommen, wird diese Art der Zuwendung sehr rasch zur Gewohnheit. Pech für Oma Vroni: Sie muss jetzt immer öfters in die Geldbörse greifen, damit Daniel überhaupt zum Füller greift.

Regelmässigkeit

Geld eignet sich also rein gar nicht als erzieherische Soforthilfemassnahme. Weder als Bonus noch als Sanktion.

Viel wichtiger ist es, Kids einen realistischen und vor allem entspannten Bezug zu Geld näherzubringen. Das funktioniert vor allem mit Regelmässigkeit und Planbarkeit.

Wichtig für einen wirklich kindgerechten Umgang mit Geld: Verzichten Sie bitte auf Sonderausschüttungen, Geldgeschenke und sonstige Hebung der Bedeutsamkeit von Barem. Geld ist nichts weiter als ein notwendiges Vehikel zur Auswahl und Abdeckung der hoffentlich nicht zu hoch gegriffenen Lebensbedürfnisse.

Sonderboni stehen bloss Bankern zu! Oder?

Finanzplanung

Und so gehts: Ab dem Schuleintritt können Sie loslegen, würde ich sagen. Starten Sie bitte mit wöchentlichen Auszahlungen von höchstens acht bis 12 Franken. Wöchentlich deshalb, weil Kinder bis zum Alter von zehn Jahren noch Schwierigkeiten haben, in Monatszeiträumen zu planen. Schrittweise Anhebungen des Tarifs sollten Sie schon jeweils vorher mit Ihrem Kind ausmachen und auch fix einhalten. Andernfalls könnten Sie die «geheime Finanzplanung» Ihres Kindes durcheinanderbringen. Schliesslich geht es uns ja wohl genau darum, dass unser Sonnenschein lernt, mit Geld planvoll umzugehen.

Übrigens: Am meisten Spass macht das gemeinsame Planen: «Na, mein Schatz? Was wirst denn mit deinem ersparten Taschengeld machen?» Hören Sie den fantasievollen Wünschen Ihres Kindes jetzt genau zu.

Sie werden es mögen.

 

Zur Person

Gerhard Spitzer, Heilpädagoge und Verhaltensforscher, Erfolgsautor und Seminar-Kabarettist, schreibt regelmässig und exklusiv für den FamilienSPICK, um seinen reichhaltigen «kindgerechten» Erfahrungsschatz zum Thema Erziehung mit Eltern, Lehrern oder einfach Interessierten zu teilen. Und das stets mit einem Augenzwinkern, denn: «Wenn man Spass an einer Sache hat, dann nimmt man sie auch ernst.» (Gerhard Uhlenbruck)

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